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Aholming

Das Gemeindegebiet von Aholming erstreckt sich über zwei prägende Naturräume, die lössbedeckten Schotterterrassen im Süden und Teile des Isarmündungsgebietes im Norden. Während das Lössgebiet dank seiner guten Böden seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. besiedelt war, stellt sich das Auegebiet der Isar prinzipiell siedlungsunfreundlich dar.

Der Übergang von der Geländeterrasse zur Isarniederung, der sich aus der Gegend von Tabertshausen über den Kernort Aholming bis in das Gemeindegebiet von Moos erstreckt, ist durch eine klar erkennbare Abbruchkante markiert. An deren Basis floss die Isar wahrscheinlich bis weit ins Mittelalter, ehe sie sich an die heutige Stelle verlagerte. Die Veränderung des Flussgeschehens führte 1379 auch zur Verlegung von Plattling, das sich ursprünglich an der Stelle der noch stehenden romanischen Basilika St. Jakob befand.

Der archäologische Forschungsstand in der Gemeinde Aholming war geraume Zeit als sehr bescheiden anzusehen. Fundstellen sind zwar durch eine Reihe von Luftbildern in nicht geringem Umfang bekannt, doch fand erst 1999 eine kleine Grabung durch die Kreisarchäologie Deggendorf statt, die eine kleine Gräbergruppe des frühen Mittelalters (um 700 n. Chr.) in der Isaraue erfasste (Bild 3). Alle anderen datierbaren Fundstellen sind lediglich durch Oberflächenfunde, Luftbilder und Beobachtungen bei Bodeneingriffen bekannt.

Bedeutendste Bodendenkmäler sind die jungsteinzeitlichen Befestigungen der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausends und (wahrscheinlich) der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. von Tabertshausen (Bild 7) und die heute obertägig nicht mehr sichtbare Befestigung des älteren Mittelalters (9./10. Jahrhundert) von Schwarzwöhr. Eine Besonderheit stellt das ehemalige Schloss von Isarau dar, dessen Hauptgebäude im 19. Jahrhundert abgebrochen wurde und nur noch im Luftbild erkennbar ist, während ein ehemaliges Tor sowie die Wirtschaftsgebäude erhalten blieben (Bilder 5 u. 6). Ein zweites spätmittelalterlich/neuzeitliches Bodendenkmal ist das ehemalige Klösterchen von Weihenstetten südlich des Hauptortes, dessen genaue Lage erst durch Luftbilder bekannt wurde, die die Grundmauern der Kirche sowie anliegender Gebäude erfassten. Inzwischen ist die Struktur dieses Platzes durch eine Magnetometerprospektion genauer erforscht.

Durch glückliche Umstände wurden aus einer Kiesgrube der Isaraue bei Kühmoos Gewässerfunde der jüngeren Steinzeit sowie der Bronzezeiten bekannt. Es handelt sich um eine steinerne Axt, an Bronzeobjekten eine Sichel, ein Beil und eine Nadel, die dem Fluss wahrscheinlich als Opfer übergeben worden waren (Bild 2).

Herausragende Einzelfunde sind das spätbronzezeitliche Schwert von Schwarzwöhr (Bild 1) und der keltische Hohlbuckelring von unbekannter Stelle (Bild 4).

Die Siedlung des hohen Mittelalters im Baugebiet „Ölgartenweg“ 

Die oben genannte kleine, durch einen Hausbau veranlasste Grabung des Jahres 1999, die zur Entdeckung einer Hofgrablege mit fünf Bestattungen der Zeit um 700 führte, lenkte die Aufmerksamkeit auf das dortige Baugebiet „Ölgartenweg“, das bis dahin nur in geringem Umfang bebaut war. Von 2001 bis 2015 verging kaum ein Jahr, an dem die archäologische Denkmalpflege nicht gefordert gewesen wäre. Die konsequente Betreuung der Baumaßnahmen durch die Kreisarchäologie Deggendorf führte zur Untersuchung einer Fläche von über 6000 m2, auf der sich Nachweise für Siedlungen des frühen und besonders des hohen Mittelalters fanden.

Allen Grabungsflächen gemein waren die schwierigen uneinheitlichen Bodenverhältnisse aus Schotter, Lehm und schluffigem Sand. Die erhebliche Zahl an Siedlungs-, besonders aber Pfostengruben – pro Parzelle wurden bis zu 100 Befunde dokumentiert – sprechen für eine intensive Bebauung, doch ließen sich bis jetzt keine konkreten Hausgrundrisse herausarbeiten.

Innerhalb der Masse an Befunden fielen drei Reste hölzerner Brunnen auf, von denen aber nur einer jahrringchronologische Ergebnisse lieferte. Es handelte sich um einen Kastenbrunnen mit zwei Verschalungen unterschiedlicher Zeitstellung, die in die Jahre 1210 bis 1222 bzw. 1274 bis 1286 datiert werden konnten. Neben den Brunnenhölzern waren dank des hohen Grundwasserstandes auch drei Pfosten erhalten, von denen einer das Fälldatum 1326 ± 8 aufwies.

Im feuchten Milieu des Siedlungsstandortes erhielten sich auch viele Reste von artenreichem Zweig- und Astholz, das wahrscheinlich als Feuerholz diente. Aus mehreren Gruben stammende Sedimente enthielten zahlreiche verkohlte Körner von Gerste, aber auch Roggen und Nacktweizen. Auffällig ist der Nachweis von Lein.

Keramik und Tierknochen repräsentieren die wichtigsten und umfangreichsten Fundgattungen. Die Keramik – so weit sie bisher bearbeitet werden konnte – stammt vorwiegend aus dem 12. und 13. Jahrhundert, verweist aber auch auf eine Nutzung des Platzes bis zum Ende des 15. Jahrhunderts.

Die Entdeckung einer hochmittelalterlichen Siedlung in der Isaraue zu Füßen des Aholminger Ortskerns bedeutete einen ganz unerwarteten Wissenszuwachs für die Ortsgeschichte. Es scheint sich hier nicht um eine „normale“ Siedlung zu handeln, sondern um einen Platz, an dem Gerberei betrieben wurde, die man wegen der Geruchstbelästigung nicht im eigentlichen Dorf haben wollte. Dies lässt sich aus der Tierknochenanalyse erschließen, die besonders an einer Stelle der Siedlung eindeutige Hinweise erbrachte.

Bemerkenswert ist die Siedlungslage innerhalb der Isaraue, die hinsichtlich des räumlichen Verhältnisses zum ehemaligen Isarlauf ursprünglich falsch eingeschätzt wurde. Nach derzeitiger Kenntnis ist davon auszugehen, dass die Siedlung keinesfalls nördlich der Isar lag, die den Raum zwischen Siedlung und Basis der Geländeterrasse eingenommen hätte. Deren historische Bedeutung innerhalb der Gemarkung Aholming kann vorerst nur ansatzweise erklärt werden und bedarf noch intensiverer Auseinandersetzung.

Bildergalerie

Literatur

  • J. Pätzold, Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler Niederbayerns. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte Reihe B 2 (Kallmünz 1983) S. 57-58
  • B. Engelhardt, Eine steinerne Streitaxt der Schnurkeramik von Tabertshausen, Gemeinde Aholming, Landkreis Deggendorf, Niederbayern. Das Archäologische Jahr in Bayern 2000 (2001) S. 30-32
  • K. Schmotz, Neue Aspekte zur Siedlungsgeschichte des frühen und älteren Mittelalters im Landkreis Deggendorf. In: Ders. (Hrsg.), Vorträge des 19. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2001) S. 139-193, zu Aholming S. 147-151
  • K. Schmotz, Ein spätbronzezeitliches Vollgriffschwert aus dem Gemeindegebiet von Aholming. Das Archäologische Jahr in Bayern 1999 (2000) S. 30-31
  • A. Boos/K. Schmotz, Befestigungen des frühen und älteren Mittelalters im ostbayerischen Donauraum. In: L. Husty/K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 30. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2012) S. 147-225, zu Schwarzwöhr S. 190-192.
  • J. W. E. Faßbinder/R. Linck, Burgen und Herrschaftszentren des frühen Mittelalters in Bayern und ihre Interpretation auf der Basis von geophysikalischer Prospektion. In: L. Husty/K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 30. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2012) S. 227-264, zu Schwarzwöhr S. 253-255.
  • Ch. Lobinger, Hofgrablegen und Separatfriedhöfe des frühen Mittelalters aus dem Isarmündungsgebiet. Grabgruppen der Jüngeren und Späten Merowingerzeit aus dem Landkreis Deggendorf. Mit Beiträgen von A. Staskiewicz und A. Grigat. In: Beiträge zur Archäologie in Niederbayern 5 (Büchenbach 2015) zu Aholming S. 19-20; 105-110; 170-178; 218-221.
  • J. Faßbinder, Magnetometerprospektion neolithischer Fundplätze in Niederbayern: Ausgewählte Beispiele aus dem Landkreis Deggendorf. In: L. Husty/W. Irlinger/J. Pechtl (Hrsg.), „und des hat doch etwas gebracht!“ Festschrift für Karl Schmotz zum 65. Geburtstag. Internationale Archäologie, Studia honoraria 35 (Rahden/Westf. 2014) S. 177-186, zu den Grabenwerken von Tabertshausen S. 183-185.
  • K. Powroznik, Flussfunde aus der Donau um Deggendorf. Beiträge zur Archäologie in Niederbayern 4 (Büchenbach 2014) zu Aholming-Kühmoos S.122 - 123.
  • W. Irlinger/K. Schmotz, Keltische Grabfunde. Archäologische Denkmäler im Landkreis Deggendorf 11 (Deggendorf 1999) zu Aholming S. 11-13 u. 18-19.
  • J. Faßbinder/R. Linck/R. Stemberg, Eine Abschnittsbefestigung des des frühen Mittelalters? Magnetometerprospektion bei Schwarzwöhr. Gemeinde Aholming, Landkreis Deggendorf, Niederbayern. Das Archäologische Jahr in Bayern 2010 (2011) S. 111-113.
  • R. Linck/J. Faßbinder/F. Becker, Kombinierte geophysikalische Prospektion eines spätmittelalterlichen Klosters in Aholming. Landkreis Deggendorf, Niederbayern. Das Archäologische Jahr in Bayern 2011 (2012) S. 155-157.
  • K. Schmotz, Die hochmittelalterliche Siedlung in der Isaraue von Aholming, Lkr. Deggendorf. In: Ders. (Hrsg.), Vorträge des 29. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2011) S. 187-210.
  • N. Pöllath/A. Dohr/S. Kaminski/R. Kriegmair/U. Scharafin/S. Trixl, Schindmähren und Knochenschlicker. Tierknochenfunde aus Aholming. In: K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 29. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2011) S. 211-234.
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