Im Sommer 1984 sollte südlich der Stephansposchinger Schule eine Mehrzweckhalle errichtet werden. Da in unmittelbarer Nähe der Bauplatzes Siedlungsspuren der frühen Jungsteinzeit bekannt waren, musste die Kreisarchäologie den Oberbodenabtrag überwachen und stieß dabei völlig überraschend auf ein Gräberfeld des späten 6. Jahrtausends v. Chr., das – nach heutigem Wissen – zu der im Baugebiet „Urdorf“ erforschten gleichzeitigen Siedlung gehört. Diese Entdeckung war um so bedeutender, als in ganz Ostbayern nur fünf Bestattungsplätze dieser Zeit bekannt sind.
Obwohl der Erhaltungszustand des Gräberfeldes nicht unbedingt als gut anzusehen ist und lediglich ein Ausschnitt von etwa 900 m2 erforscht werden konnte, bedeutet diese Entdeckung einen Fortschritt im Verständnis der Bestattungssitten der ersten bäuerlichen Gemeinschaften.
Es handelt sich um zehn Körper- und 32 Brandgräber. Von den 32 als Brandgräber angesprochenen Befunden können nur 25 durch in der Regel sehr geringe Leichenbrandmengen eindeutig als solche interpretiert werden. Mit zwei Ausnahmen lagen alle höher als das Grabungsplanum und wurden nur entdeckt, weil sämtliche Erdarbeiten von Hand erfolgten. Hinzu kommen noch sieben „Interpretationsgräber“, die sich durch das alleinige Vorkommen vollständiger Steingeräte zu erkennen geben. An Beigaben dominieren Werkzeuge wie Schuhleistenkeile und Flachbeile aus Felsgestein, hinzu kommen noch Feuersteinartefakte und Keramikscherben, selten vollständige Gefäße.
Die Grabgruben für die unverbrannt beigesetzten Verstorbenen sind etwa Ost-West orientiert mit einer Tendenz zu Westnordwest–Ostsüdost. Sie liegen auf der Seite mit angewinkelten Beinen und den Händen vor der Brust oder vor dem Gesicht. Bei diesen Totenhaltungen spricht man von Hockerbestattungen. Die Untersuchungen der Skelettreste und Leichenbrände erbrachten den Nachweis von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern. Die Ausstattung der Toten – es handelt sich in erster Linie um Felsgesteingeräte, verschiedene Feuersteinartefakte und etwas Keramik – ist nicht sehr umfangreich und bleibt im Vergleich mit anderen Gräberfeldern dieser Zeit in Südbayern zurück. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass nur ein zufälliger Ausschnitt des Gräberfeldes erfasst ist und besser ausgestattete Gräber außerhalb der erforschten Fläche liegen können.
Literatur
- K. Schmotz, Der archäologische Forschungsstand in der Gemarkung Stephansposching mit einem Vorbericht über das neuentdeckte jungsteinzeitliche Gräberfeld. Deggendorfer Geschichtsblätter 4, 1984, S. 5–17.
- K. Schmotz, Das linienbandkeramische Gräberfeld von Stephansposching, Lkr. Deggendorf, Niederbayern. Das Archäologische Jahr in Bayern 1985 (1986) S. 31–33.
- K. Schmotz, Das bandkeramische Gräberfeld von Stephansposching. Archäologische Denkmäler im Landkreis Deggendorf 7 (Deggendorf 1992).
- K. Schmotz, Bestattungsformen des 6. und 5. Jahrtausends im Landkreis Deggendorf (Niederbayern) – Erkenntnisse aus 20 Jahren kommunaler archäologischer Denkmalpflege. Archeologické rozhledy 54, 2002, S. 264–278 hier S. 265–269.