Die auf die frühe Jungsteinzeit, repräsentiert durch die Linienbandkeramik, folgende mittlere Jungsteinzeit (Südostbayerisches Mittelneolithikum) ist zwar im Stephansposchinger Gemeindegebiet vertreten, jedoch gelang an keiner Stelle die Entdeckung so wichtiger Befunde, die es eigens zu beschreiben gilt. Es scheint zumindest, dass die Siedlung im Baugebiet „Urdorf“ ganz am Ende ihrer Nutzung den Beginn der mittleren Jungsteinzeit erreicht. Ansonsten ist die Besiedlung der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends nur durch Fundmaterial nachgewiesen, das an der Ackeroberfläche aufgesammelt wurde oder als „Nebenprodukt“ in regulären Grabungen zutage kam.
Bemerkenswertere Funde stammen aber aus dem folgenden Jungneolithikum (jüngere Jungsteinzeit), repräsentiert durch Bestattungen der Münchshöfener und Altheimer Kultur. Ein in diesem Kontext mehrfach genanntes Brandgrab der endneolithischen (endjungsteinzeitlichen) Badener Kultur gehört nicht hierher und wird gesondert besprochen.
Die Münchshöfener Kultur, benannt nach einem frühen Fundort im Landkreis Straubing-Bogen, nimmt den Zeitraum von etwa 4500/4400 bis 4000/3800 v. Chr. ein. Ihre Siedlungen, von denen wir immer noch sehr wenig wissen, unterscheiden sich von denen der vorangehenden Epochen durch ihre Kleinflächigkeit und völlig anderen Gebäudestrukturen. Charakteristisch sind große, bis zu 20 m Durchmesser aufweisende unregelmäßige Grubenkomplexe. Die Münchshöfener Keramik zählt zur schönsten und aufwändigsten der Vorgeschichte Südbayerns und zeugt von weit entwickeltem Kunstverstand und großer Muße.
Die Bestattungssitten setzen sich deutlich von denen des ersten Jahrtausends bäuerlichen Daseins ab, reguläre Gräberfelder fehlen völlig. Mit drei Ausnahmen stammen alle bekannt gewordenen Skelettfunde aus Gruben unterschiedlicher Formen, die ursprünglich nicht eigens für eine Bestattung ausgehoben wurden, sondern anderen Zwecken dienten. Grundsätzlich zu unterscheiden sind zwei Arten von Gruben, in denen Bestattungen der Münchshöfener Kultur vorkommen. Es handelt sich zum einen um siloartige Vorratsgruben, in denen die Toten auf der ebenen Sohle oder auf einer dünnen Verfüllungsschicht niedergelegt wurden, zum anderen um reine Abfallgruben, die ursprünglich durch Lehmentnahme entstanden und mit Siedlungsabfällen wieder verfüllt wurden. In diesen großen unregelmäßigen Gruben waren in einzelnen Fällen randlich Verstorbene deponiert. Während die Bestattung in Silogruben sicher mit Bedacht gewählt wurde, erwecken die Skelette in den großen Lehmentnahmegruben den Anschein einer „Beseitigung“.
Derzeit sind in Ostbayern etwa zwei Dutzend Münchshöfener Bestattungen bekannt, davon zwei in Stephansposching. Dennoch sind wir noch weit von einer guten Kenntnis des Bestattungswesens dieser Zeit entfernt. Gesucht werden vor allem „normale“ Gräber, wenngleich ihr Ausbleiben nicht mehr mit dem mangelnden Forschungsstand erklärt werden kann.
Im Baugebiet „Geislingerfeld“ wurde 1984 ein etwa 14 x 14 m großer unregelmäßiger Grubenkomplex entdeckt, an dessen Südrand geringe Spuren eines Skeletts auffielen. Es handelt sich um ein gestrecktes, Ost-West orientiertes beigabenloses Skelett einer erwachsenen Person mit dem Kopf im Osten, das nur über die Keramik in der großen Grube datiert werden kann.
Im Zuge der Ausgrabung des Baugebietes „Urdorf“, das fast ausschließlich Siedlungsbefunde der frühen Jungsteinzeit erbrachte, wurde auch eine Bestattung der Münchshöfener Kultur angetroffen. Das Süd (Kopf) – Nord orientierte Skelett einer Frau in linker Hockerlage war abseits zeitgenössischer Siedlungsspuren in einer flachen Grube beigesetzt worden war. Hinter dem Rücken stand ein kleiner Becher mit Münchshöfener Profilierung.
Ebenfalls im Baugebiet „Urdorf“ kam in einer seichten, ovalen Grube von 1,5 x 1,0 m völlig überraschend eine Bestattung zutage, die wegen des schlechten Erhaltungszustandes zu spät erkannt wurde und sich nur teilweise bergen ließ. Es konnte ein Hocker in rechter Seitenlage mit dem Kopf im Norden rekonstruiert werden, eine Geschlechtsbestimmung war nicht möglich. Neben den Knochen enthielt das Grab Reste dreier Tongefäße und eine doppelkonische Steinkeule. Die kulturelle Zuweisung war lange umstritten, weil sowohl die ausgehende Münchshöfener Kultur als auch die darauf folgende Altheimer Kultur in Frage kam. Inzwischen wird die Altheimer Kultur favorisiert was zur Konsequenz hat, dass in Stephansposching die einzige bisher nachgewiesene Bestattung dieser etwa zwischen 4000/3800 und 3500/3300 v. Chr. existierenden Kulturerscheinung vorhanden ist.
Literatur
- K. Böhm/K. Schmotz, Bestattungen der jungsteinzeitlichen Münchshöfener Gruppe. Archäologische Denkmäler im Landkreis Deggendorf 5 (Deggendorf 1991) S. 16 u. 23–24.
- K. Schmotz, Eine Konzentration Münchshöfener Bestattungen in Stephansposching, Lkr. Deggendorf, Ndb. In: Ausgrabungen und Funde in Altbayern 1992 – 1994. Katalog Gäubodenmuseum Straubing (Straubing 1995) S. 35–39.
- K. Böhm, Münchshöfener Bestattungen in Ostbayern. In: J. Michálek/K. Schmotz/M. Zápotocká (Hrsg.), Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen. 7. Treffen 11. bis 14. Juni 1997 in Landau an der Isar. Resümees der Vorträge (Rahden/Westf. 1998) S. 47–59 hier S. 51–52.
- K. Schmotz, Bestattungsformen des 6. und 5. Jahrtausends im Landkreis Deggendorf (Niederbayern) – Erkenntnisse aus 20 Jahren kommunaler archäologischer Denkmalpflege. Archeologické rozhledy 54, 2002, S. 264–278 hier S. 273–275.
- D. Meixner, Ausnahme oder Regel - Zum Phänomen der Münchshöfener Bestattungen. In: K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 27. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2009) S. 91-144.