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Museums-Highlight - Die Tote von Niederpöring

12.06.2019 Das Museum Quintana in Künzing präsentiert den sensationellen Fund aus dem Gräberfeld von Niederpöring. In einer interaktiven Multimediastation wird die Bestattung in der Jungsteinzeit anschaulich präsentiert. Highlight ist die Büste der "Toten von Niederpöring", die Rekonstruktion aus Funden im Gräberfeld. Es handelt sich um eine Frau mittleren Alters, vermutlich in gehobener Stellung, deren Kopfschmuck aus den Gehäusen der heute seltenen Donaukahnschnecke bestand.

Die Tote von Niederpöring - Plastische, wissenschaftliche Rekonstruktion einer jungst. Frau von W. Schnaubelt & K. Nieser - Atelier WILD LIFE ART, Germany

Achtung: Nachmittagsprogramm zur Vorstellung der neuen Vitrinenstation am 26.06.2019 um 14:00 Uhr - Anmeldung erforderlich Tel 08549-973112

Die neolithische Bestattung von Niederpöring

„Befund 561“ – so haben die Ausgräber von der Kreisarchäologie Deggendorf die sensationelle Entdeckung einer Bestattung aus der Jungsteinzeit im Fachjargon zunächst bezeichnet,  die 2015 bei Ausgrabungen in Niederpöring im Landkreis Deggendorf, zusammen mit sechs anderen jungsteinzeitlichen Bestattungen entdeckt wurde. Das Gräberfeld von Niederpöring stammt aus der Zeit der ältesten jungsteinzeitlichen Kultur Süddeutschlands, der sogenannten Linienbandkeramik (5.500 – 5.000 v. Chr.). Auf dem steinzeitlichen Friedhof beerdigten die Nachfahren der ersten Ackerbauern, die ungefähr 500 Jahre zuvor aus Anatolien über den Balkan eingewandert waren, ihre Verstorbenen, denen sie Beigaben wie Schmuck, Werkzeug und Keramik in die Gräber gaben. Durch die Lage am Ortsrand von Niederpöring, an einer steilen Terrassenkante zur Isar hin, wurde der Großteil des Gräberfelds, das ehemals sicherlich deutlich mehr Gräber umfasste, im Lauf der Zeit weggespült.Einer glücklichen Fügung der Geschichte ist es wohl zu verdanken, dass sich mit der entdeckten Grabgruppe anscheinend die am reichsten ausgestatteten Gräber des Friedhofs erhalten haben, von denen besonders die Bestattung einer Frau mittleren Alters – eben der erwähnte „Befund 561“ – herausragt. Am Kopf der Verstorbenen konnten die Reste eines Kopfschmucks aus 207 Gehäusen der heute seltenen Donaukahnschnecke festgestellt werden, die mit einem Band rund um den Hinterkopf befestigt waren. Ursprünglich waren an dem Band, das vermutlich aus Leder bestand, rund 400 Gehäuse befestigt. Derartiger jungsteinzeitlicher Schneckenschmuck ist, in schlichterer Ausführung, nur aus insgesamt sieben anderen jungsteinzeitlichen Gräbern in Süddeutschland bekannt. Es liegt daher nahe, in der „Toten von Niederpöring“ eine Person gehobener sozialer Stellung zu vermuten.

Die Vorarbeiten

Um den aufsehenerregenden archäologischen Fund nachhaltig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde 2017 unter der damaligen Leiterin des Museums Quintana Dr. Eva Bayer-Niemeier in Kooperation mit der Kreisarchäologie Deggendorf (Dipl.-Ing. Stefan Hanöffner M.A.) und Dr. Joachim Pechtl als wissenschaftlichen Spezialisten für die ältere Jungsteinzeit mit den Planungen und der wissenschaftlichen Grundlagenermittlung für eine Vitrinenstation im Museum Quintana in Künzing (Landkreis Deggendorf) begonnen. Die neue Station stellt dabei eine Nachrüstung der bereits bestehenden Jungsteinzeitabteilung des Museums dar, in der die Epoche der Linienbandkeramik bisher nicht durch Funde vertreten war.

Um die Grundlagen für die Präsentation zu schaffen, wurden Befund 561 sowie die anderen Gräber des Gräberfelds archäologisch bearbeitet und untersucht. Um mehr über die bestatteten Personen zu erfahren, wurden außerdem modernste naturwissenschaftliche Verfahren wie Genanalysen und Strontiumisotopenanalysen eingesetzt.

Spannend gestaltete sich dabei zunächst die Frage nach dem Geschlecht der bestatteten Person in Befund 561. Die anthropologische Geschlechtsbestimmung durch Prof. Dr. Gisela Gruppe von der LMU München sprachen nämlich wegen der eher männlichen Form des Schädels für einen Mann. Die Analyse von DNA-Material, das aus dem Belag von Zähnen aus dem im Gegensatz zum Rest des Skeletts relativ gut erhaltenen Schädels entnommen wurde, ergab jedoch, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Frau gehandelt hat. Die Genanalysen zeigen außerdem die Verwandtschaft der „Toten von Niederpöring“ mit zeitgleich lebenden Gruppen in Anatolien, nicht aber mit modernen Europäern. Aufgewachsen ist die Steinzeitfrau, wie eine ebenfalls an den Zähnen durchgeführte Isotopenuntersuchung ergab, aber bereits in der Umgebung von Niederpöring.

Auf Basis der wissenschaftlichen Untersuchungen wurde für die Vitrinenstation im Museum eine Büste mit einer lebensechten Gesichtsrekonstruktion der „Toten von Niederpöring“ angefertigt. Die Grundlage für die Rekonstruktion lieferte die Computertomografie des Schädels am Klinikum Passau. Der Schädel wurde anschließend mithilfe eines 3D-Scanners erfasst und digital bearbeitet. Der 3D-Druck des Originalschädels diente dann als Ausgangspunkt für eine plastische Gesichtsrekonstruktion, wie man sie aus Kriminalfällen kennt, durch das Atelier Wildlife Art. Dabei wurden zunächst Gewebe, Muskeln und das einstige Gesicht durch das Anbringen von Abstandsmarken an wichtigen Stellen des Schädels sowie anhand von Informationen über das Alter und Konstitution der „Toten von Niederpöring“ bestimmt und aus Ton modelliert. Das fertige Tonmodell wurde dann mit Silikonkautschuk abgeformt und eine Büste aus weichem, hautähnlichen Material erstellt. Zum Abschluss wurde die Büste mittels Airbrush in dünnen Schichten koloriert und echte Menschenhaare implantiert.

Präsentation im Museum

Zu sehen ist die Vitrinenstation „Befund 561 – Die Tote von Niederpöring“ seit dem 24. Mai 2019 im Museum Quintana – Archäologie in Künzing. Das Museum Quintana ist ein nichtstaatliches Museum in Trägerschaft der Gemeinde Künzing, das bereits zahlreiche bedeutende Funde und archäologische Entdeckungen aus der über 7000-jährigen Ortsgeschichte der Gemeinde Künzing zeigt, einer der ältesten und fundreichsten Gemeinden Niederbayerns.

Mit der Storytellingstation „Befund 561 – Die Tote aus Niederpöring“ wird in der jungsteinzeitlichen Abteilung des Museums nun erstmals ein herausragender Fundkomplex aus dem Landkreis Deggendorf gezeigt, der nicht aus dem Gemeindegebiet Künzing stammt. Präsentiert wird der Fundkomplex in einer modernen Vitrinenstation, die sich als neuer Mittelpunkt harmonisch in die bestehende Dauerausstellung einfügt. Entworfen wurde die Präsentation von den Münchner Architekten und Ausstellungsgestaltern der Firma „Die Werft“, die sich u.a. auch für die Neugestaltung des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst in München verantwortlich zeichnen.

In der Vitrinenstation gezeigt wird die originale Bestattung der „Toten von Niederpöring“, eingebettet in eine Inszenierung des Künstlers Rudi Reinstadler, die die Auffindungssituation von „Befund 561“ originalgetreu nachbildet. Die spannenden Forschungsergebnisse werden in anschaulicher und verständlicher Weise in einer interaktiven Multimediastation mit Touch-Screen präsentiert.

Das Highlight der Präsentation bildet die Büste der „Toten von Niederpöring“ mit dem rekonstruierten Kopfschmuck. Die Büste zeigt dabei nicht nur, wie die Niederpöringerin zum Zeitpunkt ihres Todes vor ca. 7.000 Jahren ausgesehen haben könnte, sondern ermöglicht auch eine Begegnung mit der Vergangenheit, „live“ und auf „Augenhöhe“.

Informationen zur Projektförderung

Die Konzeption und Umsetzung der Vitrinenstation wurde von folgenden Fördergebern großzügig mit finanziellen Mitteln unterstützt:

  • Landkreis Deggendorf
  • Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern
  • Bayerische Landesstiftung
  • Museumsverein Künzing

Kategorien: Landkreis, Tourismus & Kultur, Archäologie, Leben & Arbeiten

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