28.03.2024 Künzing, 21. März 2024: Im Rahmen der archäologischen Vortragsreihe des Museum Quintana in Künzing präsentierte Birgit Symader, Grabungstechnikerin bei der Kreisarchäologie Deggendorf und Leiterin des Europäischen Erdstallforschungszentrums in Neukirchen-Balbini, die Vielschichtigkeit und die Herausforderungen rund um das Thema "Erdstall”.
Die Referentin, die sich schon seit über 40 Jahren mit unterirdischen archäologischen Anlagen auseinandersetzt, ging in ihrem Vortrag zunächst auf die grundlegenden Kriterien ein, die einen Erdstall definieren und erläuterte den zahlreichen Gästen, wie ein Erdstall überhaupt angelegt wird. Danach hob Symader die montanarchäologische Bewertung hervor, die zwischen verschiedenen unterirdischen Strukturen wie Kellern, Prospektionsstollen und Wassergängen zu differenzieren weiß. Ein zentraler Punkt war die Unterscheidung zwischen einem Versteck, das Einbauten für einen dauerhaften Aufenthalt aufweist, und einem Erdstall, der keine derartigen Merkmale besitzt.
Für die auch als “Schratzlgänge” bekannten Anlagen werden oftmals Verbindungen zu Siedlungen, Häusern oder Kirchen angenommen. Archäologische Belege gäbe es dafür jedoch laut Symader keine. Insgesamt seien bisher nur fünf archäologische Grabungen in Erdställen durchgeführt worden. Letztlich, so die Aussage von Symader, könne man ohne weitere archäologische Untersuchungen derzeit keine konkreten Aussagen zum Zweck und zur Nutzung der meisten Erdställe machen.
Im zweiten Teil ihres Vortrags wies die Referenten eindringlich darauf hin, dass Erdställe einer akuten Zerstörungsgefahr ausgesetzt seien, sei es durch natürliche Einflüsse wie Felszersetzung oder oberirdischen Bewuchs, durch Baumaßnahmen in der Umgebung, touristische Befahrungen oder Raubgrabungen. Der Denkmalschutz gestalte sich schwierig, da oft keine klaren Vorgaben zur Dokumentation vorhanden seien und es an ausreichender Expertise seitens der Archäologen mangele. Besonders problematisch ist nach Symader die Denkmalfeststellung bei nicht begehbaren Anlagen, für die Bohrungen oder Bodenradar in Erwägung gezogen werden müssen. Bei begehbaren Anlagen empfiehlt Symader die digitale Aufnahme mittels Lidar oder SFM in Verbindung mit Georeferenzierung via Drohne und GPS.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, bestehend aus Vertretern der Kreisarchäologie und des Landesamts für Denkmalpflege, um Methoden für die digitale Dokumentation, archäologische Untersuchungen und eine realistische Beaufsichtigung für die Zukunft zu entwickeln.
Der Vortrag von Birgit Symader bot einen umfassenden Einblick in die Welt der Erdställe und sensibilisierte für deren Schutz und Erhaltung.
Anschrift
Museum Quintana
Öffnungszeiten
Mittwoch bis Sonntag von 10.00 bis 16.00 Uhr
Montag und Dienstag geschlossen
Kategorien: Archäologie, Tourismus & Kultur, Medieninfo