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Die Grabfunde von Bruck

Im Bereich der Kreisgrabenanlage von Unternberg gibt es keine Hinweise auf die am Bau beteiligten Akteure, d.h. wir kennen keine Bestattungen. Das mag nicht weiter verwundern, sind doch Gräber der mittleren Jungsteinzeit in ganz Ostbayern trotz mancher Neuentdeckungen bis heute nur in geringem Umfang nachgewiesen. Deshalb bedeutete die Entdeckung von fünf Bestattungen im Jahr 1991, von denen allerdings nur zwei einigermaßen gut erhalten waren, einen wichtigen Schritt für die Kenntnis der Bestattungssitten in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr.

Auf einer Fläche von etwa 35 x 40 m kamen fünf mehr oder weniger gut erhaltene Skelettreste zutage. Eindeutig anzusprechen sind aber nur die beiden als Grab 1 und 2 bezeichneten Befunde. Zwei weitere Reste menschlicher Skelette dürften noch in ursprünglicher Situation gelegen haben, während geringe weitere Skelettreste evtl. bereits vom Pflug verzogen waren.

Aufgrund der beobachteten Erhaltungsbedingungen müssen wir davon ausgehen, dass ein Teil der dort einst vorhandenen Gräber dem Pflug zum Opfer gefallen ist. Über die ursprüngliche Größe der Gräbergruppe oder des Gräberfeldes lassen sich deshalb keine Aussagen treffen. Alles in allem haben wir hier ein sehr stark beeinträchtigtes Ensemble vor uns, dessen Gesamtbeurteilung leider nicht möglich ist. Die schlechte Erhaltung – das Problem begegnet auch im Regensburger Raum und bei den Neufunden von Otzing (unpubliziert) – könnte mit einer geringen Tiefe der Grablegen erklärt werden.

Die in Bruck Bestatteten lebten wahrscheinlich in unmittelbarer Nähe. Allerdings wurden dort nur geringe gleichzeitige Siedlungsreste entdeckt, die mit dem beschriebenen Silexschlagplatz in Verbindung stehen.

Keramikbeigaben aus Grab 1

Grab 1 enthielt ein Südost-Nordwest-orientiertes, nur teilweise erhaltenes Skelett (Oberkörper und Becken, untere Extremitäten fehlen vollständig) eines erwachsenen weiblichen Individuums in Rückenlage, der linke Unterarm war rechtwinklig nach innen gelegt. Oberhalb des Kopfes befanden sich ein ritz- und stichverzierter Becher sowie eine unverzierte Schale.

Fundsituation von Grab 1
zeichnerische Dokumentation von Grab 2
Fundsituation von Grab 2

In Grab 2, das sich nur 30 cm unter der Geländeoberfläche befand, war ein wahrscheinlich erwachsener Mann in gestreckter Rückenlage bestattet, der Kopf bis auf Kieferreste ausgepflügt. Auch hier war wie bei der Bestattung in Grab 1 eine Südost-Nordwest-Orientierung festzustellen. Beide Arme lagen ausgestreckt entlang des Oberkörpers. Unterhalb des rechten Beines befand sich das fast vollständige Skelett eines männlichen Jungschweines (A), das keine Schlacht- oder Schnittspuren aufwies und möglicherweise lebend und gefesselt ins Grab gelegt wurde.

Im Gegensatz zur Frauenbestattung in Grab 1 war die Männerbestattung reich ausgestattet: Ein stark versinterter knollenförmiger Gegenstand aus Kalk mit zylindrischer Durchlochung, möglicherweise ein Amulett (Nr. 1), insgesamt 198 weitgehend regellos liegende Kalksteinperlen und -doppelknöpfe (Nr. 3) im Bereich des Oberkörpers und des Kopfes, die Schale einer Spondylusmuschel (Nr. 13), mehrere Silices und einige Hirschgrandel.

Als bemerkenswertestes Fundensemble ist im Brustbereich ein Knochenpfriem (Nr. 2) zusammen mit Resten vielleicht eines Lederbeutels (Nr. 11) zu sehen, in dem eine kleine Silexknolle mit Schlagmarken, eine Klinge und ein „Schaber“ aus Hornstein lagen. Dieses Ensemble erinnert an sonst nur für die ältere Jungsteinzeit nachgewiesenen „Feuerzeuge“.

Auffallend ist die überaus große Anzahl von Kalksteinperlen. Eine erhebliche Menge der Perlen lag ohne Zusammenhang im Grabbereich verstreut. Es bleibt deshalb unklar, ob die Perlen auf der Bekleidung angebracht waren. Lediglich am rechten Unterarm und an der rechten Beckenschaufel lag eine größere Anzahl von Perlen beisammen. Für die museale Gestaltung wurden die Perlen zusammen mit den Hirschgrandeln als Halsketten rekonstruiert.

Die 198 nachgewiesenen Perlen stellen die zweitgrößte bisher entdeckte Perlenensemble in einem Grab der mittleren Jungsteinzeit Südbayerns dar.

Trotz des insgesamt schlechten Erhaltungszustandes liefern die hier knapp dargestellten Grabfunde einen überregional interessanten Befund, dessen Stellenwert aber erst zu beurteilen ist, wenn der Bestand an zeitgleichen Grabfunden wesentlich größer sein wird.

Inventar von Grab 2. Die Rekonstruktion der Halsketten wurde für die museale Gestaltung vorgenommen.

Literatur

  • K. Schmotz, Bestattungen des älteren Mittelneolithikums in Künzing, Lkr. Deggendorf. In: Ders. (Hrsg.), Vorträge des 11. Niederbayerischen Archäologentages (Buch a. Erlbach 1993) S. 15-30.
  • P. Schröter, Bemerkungen zu zwei ältermittelneolithischen Skelettfunden von Künzing-Bruck, Lkr. Deggendorf. In: K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 11. Niederbayerischen Archäologentages (Buch a. Erlbach 1993) S. 31-34.
  • K. Schmotz, Mittelneolithische Gräber in Ostbayern. In: J. Michálek/K. Schmotz/M. Zápotocká (Hrsg.), Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen. 7. Treffen 11. bis 14. Juni 1997 in Landau an der Isar. Resümees der Vorträge (Rahden/Westf. 1998) S. 44-46.
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