Das gesamte Gemeindegebiet von Stephansposching liegt in dem seit Beginn der bäuerlichen Wirtschaftsweise in der Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. genutzten Altsiedelland, wodurch sich die erhebliche Denkmälerdichte begründet. Die frühe Bewirtschaftung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den in weiten Teilen des Gemeindegebietes vorherrschenden, aus Löss entstandenen ertragreichen Böden. Weitere wichtige Grundlagen für die frühe Besiedlung stellen die Donau als Verkehrsträger und in das Hinterland ziehende wasserführende Tälchen dar.
Die in den späten 1920er Jahren einsetzende Erforschung der frühen Geschichte des Stephansposchinger Raumes lieferte schon bald auffallend dichte Indizien, und zwar für fast alle vor- und frühgeschichtlichen Perioden. An herausragenden Entdeckungen sind zu nennen die urnenfelderzeitlichen Gräberfelder von Steinkirchen und Uttenhofen (11. bis 9. Jh. v. Chr.), das späturnenfelderzeitliche Grab eines Reiters aus Steinkirchen (um 800 v. Chr.), das hallstattzeitliche Grab von Steinfürth (8. Jh. v. Chr.), das römische Kastell von Steinkirchen und der römische Verwahrfund von Uttenkofen. Beschränkten sich die Feldforschungen bis in die 1970er Jahre herein auf die Beobachtung von Aufschlüssen in Löss- und Kiesgruben bzw. auf die Suche nach Oberflächenfunden, so setzte mit Einrichtung der Kreisarchäologie die intensive Betreuung des Gemeindegebietes ein. Daraus resultiert eine ganze Reihe von Ausgrabungen in von Überbauung bedrohten Flächen, die bemerkenswerte und teilweise auch überregionale Bedeutung erlangten. Zu nennen sind hier die mehrjährigen Untersuchungen im Baugebiet „Urdorf“, die auf über 3 ha Fläche eine dreiperiodige jungsteinzeitliche Siedlung aus dem späten 6. Jahrtausend v. Chr. mit etwa 100 Hausgrundrissen, Siedlungsbestattungen, einen auf 355 m Länge nachgewiesenen Graben und eine Reihe von Öfen erbrachten. Hinzu kommt noch das gleichzeitige Gräberfeld aus dem Bereich der Mehrzweckhalle, der älteste jemals im Landkreis entdeckte Friedhof. Weitere wichtige Erkenntnisse zur jungsteinzeitlichen und metallzeitlichen Besiedlung stammen aus den Baugebieten „Wittenzellner Feld“ und „Geislingerfeld“. Im Ortsteil Fehmbach musste im Zuge einer Kiesgrubenerweiterung eine spätkeltische (2./1. Jh. v. Chr.) Viereckschanze erforscht werden. Es handelt sich hier um eine mit Wall und Graben eingehegte Fläche, in der sich nur ein einziges Holzgebäude – ein sogen. Umgangsbau – befand, dem eine Sonderstellung in der spätkeltischen Architektur zugebilligt wird und diese Anlagen als Kultplätze interpretieren lässt. In jüngerer Zeit rückt die Forschung allerdings wieder von dieser lange verfolgten These ab und bringt wieder mehr einen profanen Charakter ins Spiel.
Für das ältere Mittelalter (9./10. Jh.) besitzt Stephansposching zwei herausragende Denkmäler, nämlich die oberirdisch noch in erheblichen Teilen erhaltene, aus Wall und Graben bestehende Befestigung Wischlburg und die nur noch geringfügig im Acker erkennbare Abschnittsbefestigung in Steinkirchen. Die 5,5 ha Innenfläche aufweisende Wischlburg erhielt durch eine 2004 vorgenommene Baustellenbeobachtung unerwartet eine Ergänzung der Wehrelemente durch die Entdeckung eines weiteren Grabens innerhalb des bestehenden Walles, sodass jetzt mit einem System aus zwei Wällen und zwei Gräben zu rechnen ist. Die Funktion als Sicherung eines Donauüberganges ist durch ein Tor an der Flussseite geklärt, darüber hinaus gehende Nutzungen wie Verwaltungs- oder Militärplatz waren bisher nicht zu belegen. Auch die mit einer Schriftquelle von 976 bezeugte Verbindung zum Kloster Metten lässt keine weiter reichenden Schlüsse zu.
Mitten im Ort Steinkirchen liegt eine oberirdisch kaum mehr erkennbare, aus drei Gräben, zugehörigen Wällen und möglicherweise einer Steinmauer befestigte Fläche von ca. 3 ha, die teilweise Befestigungselemente des ehemaligen römischen Lagers einbezog. Trotz mehrerer kleinerer archäologischer Untersuchungen ist die Funktion dieses Platzes nur indirekt als herzoglicher Verwaltungssitz anzusprechen, denn in der Befestigung liegen eine archäologisch nachgewiesene kleine Kirche aus der Zeit vor 1000 und ein zugehöriger Bestattungsplatz, was zweifellos auf eine ständige Nutzung der Anlage hinweist.
Die archäologischen Untersuchungen in den Kirchen von Stephansposching, Steinkirchen und Bergham brachten Befunde, die die Existenz früher Kirchen aus der Zeit vor 1000 erwiesen (Stephansposching, Steinkirchen), oder wichtige Beiträge zur hoch- und spätmittelalterlichen Baugeschichte ergaben.
Wegen der z.T. sehr umfangreichen Befund- und Publikationssituation muss die Darstellung des archäologischen Bestandes nach Kulturperioden getrennt vorgenommen werden.
Literatur
- K. Schmotz, Die vorgeschichtliche Besiedlung im Isarmündungsgebiet. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte A 58 (Kallmünz 1989) (zu den Gemarkungen im Gemeindegebiet Stephansposching: Michaelsbuch S. 152–163; Rottersdorf S. 228–232; Steinkirchen S. 233–254; Stephansposching S. 255–292.
- K. Schmotz, Ein neues Bild der alten Welt: Drei Jahrzehnte kommunale Archäologie in Stephansposching, Lkr. Deggendorf. In: L. Husty/K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 33. Niederbayerischen Archäologentages (Rahden/Westf. 2015) S. 113-150.